Quelle
Bundesrechtsanwaltskammer, Stand 2001.
Grundlagen
der deutschen Anwaltsgebühren
(ab
01.01.2002)
I.
Allgemeines
Nachstehende
Hinweise auf das Deutsche Anwaltsgebührenrecht sind zwangsläufig
nicht erschöpfend und nur geeignet, das grundsätzliche
System und den Rahmen der gesetzlichen Gebühren aufzuzeigen.
Eine Anfrage über den Anfall der Gebühren vor
Mandatserteilung ist deshalb in jedem Falle sinnvoll, um
Differenzen zu vermeiden.
1.
Das
Entgelt für jede anwaltliche Tätigkeit der in Deutschland
zugelassenen Anwälte, somit für jede Gewährung rechtlichen
Beistandes in allen Formen, ist gesetzlich festgelegt in der
Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO). Für
Berlin (Ost) und die fünf neuen Bundesländer (Gebiet der
ehemaligen DDR) gilt die BRAGO mit der Maßgabe, dass sich die
Gebühren bei der Tätigkeit von Rechtsanwälten, die ihre
Kanzlei in dem Gebiet der ehemaligen DDR eingerichtet haben,
um 10 vom 100 ermäßigen. Die Gebühren ermäßigen sich in
gleicher Weise, wenn ein Rechtsanwalt vor Gerichten oder Behörden,
die ihren Sitz in den fünf neuen Bundesländern, nicht jedoch
in Berlin (Ost) haben, im Auftrag eines Beteiligten tätig
wird, der seinen Wohnsitz oder Sitz in dem Gebiet der
ehemaligen DDR hat. Die Gebühren für diese Fälle sind im
folgenden in Klammern angegeben.
Die
in der BRAGO enthaltenen Gebühren sind
a)
Festgebühren, oder
b)
Rahmengebühren.
Im
gesetzlichen Gebührenrahmen bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühren
nach billigem Ermessen. Dies bedeutet:
c)
Vereinbarte
Gebühren
Es
ist zulässig, von der gesetzlichen Regelung abweichende Gebühren
zu vereinbaren (Honorarvereinbarung). Im gerichtlichen
Verfahren dürfen diese nur höher sein als die gesetzlichen
Gebühren; im außergerichtlichen Verfahren kann auch ein
Zeithonorar vereinbart werden, das niedriger ist als die
gesetzlichen Gebühren. Zur Wirksamkeit einer solchen
Vereinbarung ist es erforderlich, dass diese
Honorarvereinbarung schriftlich in einem gesonderten Schriftstück
niedergelegt wird.
2.
Abrechnungsgrundlage
für die Gebühren sind, wenn eine schriftliche
Honorarvereinbarung nicht vorliegt,
a) die Angelegenheit, also
die Rechtssache als solche (z.B. Kaufpreisforderung,
Erbauseinandersetzung, Strafverteidigung u.ä.),
und
b) die in der Angelegenheit auftragsgemäß durchgeführten
Tätigkeiten des Anwalts.
Diese
Tätigkeiten lassen sich in zwei gebührenmäßig sehr
unterschiedliche Tatbestände unterteilen:
aa) einerseits
in die mündliche oder schriftliche Ratserteilung
einschließlich der Erstellung von Gutachten. (Es handelt sich
also jeweils um eine interne Tätigkeit ausschließlich dem
eigenen Mandanten gegenüber) und
bb) in das Betreiben der Rechtssache andererseits, fast
stets verbunden mit einem Auftreten des Rechtsanwalts für
seinen Mandanten Dritten gegenüber.
Dabei
sei auch klargestellt, dass das Betreiben der Sache nach außen
hin auch die interne Beratung des eigenen Mandanten gebührenmäßig
mit einschließt.
Wegen
des gebührenmäßig erheblichen Unterschieds zwischen diesen
beiden Tätigkeiten sollte von Anfang an, vor Beauftragung
eines Rechtsanwalts, klargestellt werden, ob nur eine Beratung
oder ein Betreiben der Angelegenheit durch den Anwalt
gewünscht wird.
II.
Zivilrechtliche,
verwaltungsrechtliche, arbeitsrechtliche, finanzrechtliche
Angelegenheiten
1.
Von
unbedeutenden Ausnahmen abgesehen bildet der Gegenstandswert
der Angelegenheit die eine Bemessungsgrundlage der Abrechnung.
Bei
nicht vermögensrechtlichen Angelegenheiten, z.B.
Ehescheidung, Baugenehmigung, Kündigung, Gewerbeerlaubnis,
ist der Gegenstandswert teilweise den besonderen gesetzlichen
Vorschriften oder aus der sehr umfangreichen Rechtsprechung zu
entnehmen. Im gerichtlichen Verfahren wird der Gegenstandswert
(Streitwert) vom Gericht festgesetzt.
Dem
Gegenstandswert ist eine Gebühreneinheit zugeordnet, die in
einer Tabelle (Anlage A bzw. C für das Gebiet der ehemaligen
DDR) festgelegt ist. Diese Gebühreneinheit wird üblicherweise
als "eine Gebühr" bezeichnet.
2.
Die
zweite Bemessungsgrundlage der Abrechnung bildet die
auftragsgemäß entfaltete Tätigkeit. Die Vergütung
ist entsprechend der entfalteten Tätigkeit ein Bruchteil, ein
Ganzes oder ein Vielfaches einer Gebühreneinheit nach der
anliegenden Tabelle (Anlage A bzw. C für das Gebiet der
ehemaligen DDR).
a) Ratstätigkeit und
Gutachten (interne Tätigkeit)
Für eine mündliche
oder schriftliche Beratung erhält der Anwalt eine Gebühr von
1/10 bis 10/10 aus dem Gegenstandswert. Beschränkt sich die Tätigkeit
auf eine erste Beratung, so ist die Gebühr nicht höher als
180,-- €. Für die Ausfüllung des Rahmens gilt das unter
I.1.b) Gesagte. Bei
durchschnittlichen Umständen entsteht eine sog. Mittelgebühr
von 5,5/10 der vollen Gebühr aus dem Gegenstandswert. Wird
allerdings vom Anwalt ein schriftliches Gutachten verlangt
(Sachverhalt und Beurteilung), so können je nach Umfang und
Schwierigkeit höhere Gebühren anfallen. In einem solchen
Falle empfiehlt es sich, bei Auftragserteilung die Gebührenhöhe
einvernehmlich schriftlich festzulegen.
b)
Wird der Anwalt beauftragt, die Sache zu betreiben (Tätigkeit
nach außen hin), so ist zu unterscheiden:
aa) Beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes auf
eine außergerichtliche Tätigkeit gegenüber Dritten, so
fallen an:
eine Geschäftsgebühr
von 5/10 bis 10/10 aus dem Gegenstandswert für das Betreiben
der Angelegenheit als solche;
eine Besprechungsgebühr von 5/10 bis 10/10,
wenn mit dem Gegner oder Dritten Besprechungen über Sach-
oder Rechtslage oder beides geführt werden oder aber ein
Mitwirken bei der Erstellung von Gesellschaftsverträgen den
Gegenstand der Angelegenheit bildet;
eine Beweisgebühr von 5/10 bis 10/10, wenn der Anwalt
an einer von einem Gericht oder einer Behörde angeordneten
Beweisaufnahme mitwirkt;
eine Vergleichsgebühr von 15/10, wenn der Anwalt an
der Erledigung der Angelegenheit durch einen Vergleich
(beiderseitiges Nachgeben) mitwirkt.
Für die Ausfüllung
des Gebührenrahmens gelten die Ausführungen unter I.1.b).
Bei durchschnittlichen Umständen wird bei den Rahmengebühren
die sog. Mittelgebühr (7,5/10) in Ansatz gebracht
werden.
Wird eine
ursprünglich außergerichtliche Angelegenheit rechtsanhängig,
so wird die außergerichtlich angefallene Geschäftsgebühr
auf die gerichtliche Prozessgebühr angerechnet.
bb) Wird ein gerichtliches Verfahren eingeleitet, so erhält
der Anwalt für die erste Instanz im allgemeinen zwischen
einer und vier vollen (10/10) Gebühren berechnet nach dem
jeweils vom Gericht festzusetzenden Streitwert; der Anfall der
jeweiligen Gebühr hängt von der Erfüllung bestimmter
Voraussetzungen ab. So fällt an
die 10/10 Prozessgebühr bei Einreichung der Klage bzw.
der Bestellung für den Beklagten mit Klageabweisungsanträgen.
Die 10/10 Verhandlungs- oder Erörterungsgebühr
entsteht, wenn entweder vor Gericht streitige Anträge in der
Verhandlung gestellt werden oder aber die Sach- und Rechtslage
vor dem Gericht erörtert wird.
Die 10/10 Beweisgebühr fällt an, wenn, gleichgültig
in welcher Weise, Beweise durch das Gericht erhoben werden und
der Anwalt hierbei mitwirkt.
Die 10/10 Vergleichsgebühr fällt an, wenn der
Rechtsstreit unter Mitwirkung des Anwaltes verglichen
wird.
Diese
Gebühren fallen in jeder Instanz an, wobei im Berufungs- und
Revisionsverfahren statt der vollen 10/10 jeweils 13/10
anfallen; im Revisionsverfahren beträgt die Prozessgebühr
20/10, wenn die Parteien sich nur durch einen beim BGH
zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen können.
Wird der Anwalt beauftragt, aus dem vollstreckbaren Titel
(Urteil, Vergleich, vollstreckbare Urkunde) die
Zwangsvollstreckung zu betreiben, so erhält er aus dem
Streitwert eine weitere 3/10 Gebühr.
Dabei
sei klargestellt, dass nach deutschem Prozessrecht im
allgemeinen (Ausnahme z.B. Arbeitsgericht I. Instanz) der
Unterliegende dem Obsiegenden dessen gesetzliche Anwaltskosten
und Gerichtskosten im Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen
erstatten muss. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist
gesetzlich verboten.
3.
Vertritt
der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit mehrere
Auftraggeber, so erhöht sich die Prozess- bzw. Geschäftsgebühr
für jeden zusätzlichen Auftraggeber um 3/10, wobei die Höchstgrenze
jedoch 30/10 bildet.
4.
Neben
den jeweiligen Gebühren erhält der Anwalt für seine
allgemeinen Schreibauslagen in jeder Angelegenheit eine
Pauschalvergütung von 15% des Gebührenwertes, bis höchstens
20,-- €, wenn er nicht bezüglich dieser Schreibauslagen
eine konkrete Einzelabrechnung - wozu er berechtigt ist -
vornimmt. Daneben werden Fotokopie-, Reise- und
Abwesenheitskosten nach gesetzlich festgelegten Sätzen
erstattet.
5.
Die
anwaltliche Tätigkeit unterliegt der deutschen Mehrwertsteuer
(16 %); bei Tätigkeit für Mandanten aus einem anderen
EG-Mitgliedstaat gelten die Ausnahmen der 6.
EG-Mehrwertsteuerrichtlinie.
6.
Aus
der als Anlage A (Anlage C für das Gebiet der ehemaligen DDR)
bezeichneten, beigeheftete Tabelle kann, ausgehend vom
jeweiligen Gegenstandswert, die Gebühr abgelesen werden. Die
Addition der angefallenen Gebühren, zusätzlichen Auslagen
und Mehrwertsteuer ergibt dann die richtige Abrechnung.
Voraussetzung der Fälligkeit des Entgeltes ist eine
detaillierte und überprüfbare, schriftliche Rechnung.
III.
Strafrechtliche,
einschließlich bußgeldrechtliche und disziplinarrechtliche
Angelegenheiten
1.
Von
unbedeutenden Ausnahmen abgesehen bildet hier das jeweilige
Delikt die erste Bemessungsgrundlage. Dabei ist darauf
abzustellen, welches Strafgericht für die Aburteilung des
Deliktes zuständig ist (unterste Stufe: Strafrichter und Schöffengericht,
mittlere Stufe: große Strafkammer und Jugendkammer, oberste
Stufe: Schwurgericht und Oberlandesgericht).
2.
Die
zweite Bemessungsgrundlage bildet auch hier die auftragsgemäß
entfaltete Tätigkeit:
a) Tätigkeit ohne als Verteidiger bestellt zu
sein:
Für die Erteilung
eines mündlichen oder schriftlichen Rates - ohne als
Verteidiger oder sonstiger Verfahrensbeteiligter bestellt zu
werden - erhält der Anwalt eine Gebühr zwischen 15,-- €
und 180,-- € (13,50 € und 162,-- €), je nach Art der
entfalteten Tätigkeit.
Auch hier kann für schriftliche Gutachten
(Sachverhaltsdarstellungen mit Beurteilung und Lösung) ein höheres
Honorar geltend gemacht werden, wenn dies schriftlich
vereinbart wurde.
b) Wird der Rechtsanwalt zum Verteidiger oder zum
Vertreter des Nebenklägers oder des Privatklägers bestellt
so erhält er
aa) wenn er im Verfahren außerhalb der
Hauptverhandlung (d.h. bis zu Erhebung der Anklage) schon tätig
war, zwischen 25,-- € und 650,-- € (22,50 € und 585,- €)
je nach Zuständigkeit des Gerichts. Für die Ausfüllung des
Gebührenrahmens gilt das unter I.1.b) Gesagte.
bb) Wenn er im gerichtlichen Verfahren tätig wird und
es zu einer Hauptverhandlung kommt zwischen 50,-- € und
1.300,-- € (45,-- € und 1.170,-- €) für den ersten
Hauptverhandlungstag (je nach Zuständigkeit des Gerichts) und
für jeden weiteren Hauptverhandlungstag mindestens zwischen
50,-- € und 650,-- €, (45,-- € und 585,-- €).
Der
als Anlage B (Anlage D für das Gebiet der ehemaligen DDR)
bezeichneten Tabelle kann, ausgehend vom jeweiligen Gericht
und der entfalteten Tätigkeit, der Gebührenrahmen nebst
Mittelgebühr entnommen werden. Für die Ausfüllung des Gebührenrahmens
gilt das unter I.1.b) Gesagte.
3.
Mit
diesen Gebühren sind auch sämtliche Nebentätigkeiten des
Anwaltes in der jeweiligen Instanz abgegolten. In jeder neuen
Instanz fallen die Gebühren erneut an. Sie erhöhen sich für
die Berufungs- und Revisionsinstanz.
Erhöhungsmöglichkeiten
ergeben sich dann, wenn entweder vermögensrechtliche Ansprüche
mit geltend gemacht werden oder aber über die Einziehung von
Gegenständen oder der Fahrerlaubnis mit entschieden wird.
Daneben kann in allen Strafsachen eine Pauschalvergütung für
Porto und Telefongebühr bis zu 15 % der gesetzlichen Gebühren,
höchstens jedoch 15,-- €, ohne Nachweis der tatsächlichen
Auslagen gefordert werden.
In
Strafsachen entspricht es verbreiteter Übung, da die
gesetzlichen Gebühren nicht ausreichend sind, für jede
Instanz gesondert eine höhere als die gesetzliche Vergütung
schriftlich zu vereinbaren.
4.
Auch
in Strafsachen gilt, dass die Staatskasse einem
Freigesprochenen die Verteidigergebühren für einen Anwalt
erstatten muss, jedoch nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren,
nicht des vereinbarten Honorars.
5.
Eine
Besonderheit gibt es bei Bußgeldverfahren (insbesondere im
Straßenverkehr). Da diese mit einem Verfahren durch die
Verwaltungsbehörde beginnen, erhält der Anwalt wenn er zu
diesem Zeitpunkt bereits als Verteidiger eingeschaltet wird, für
das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde neben den oben
genannten Gebühren des Verteidigers eine zusätzliche Gebühr
von 25,-- € bis 330,-- € (22,50 € bis
297,-- €, Mittelgebühr 177,50 € bzw. 159,75 €).
6.
Kann
oder will sich der jeweils Beschuldigte nicht durch einen
Rechtsanwalt seiner Wahl verteidigen lassen, so ist das
Gericht bei schwerwiegenden Delikten von Amts wegen
verpflichtet, ihm einen Verteidiger zu bestellen. Dieser kann
- soweit er nicht von der Staatskasse bezahlt wird - vom
Beschuldigten die oben genannten, gesetzlichen Gebühren
fordern.
IV.
Sozialrechtliche
Angelegenheiten
(z. B. Rentenangelegenheiten)
1.
Bei
außergerichtlicher Tätigkeit erhält der Anwalt eine
Rahmengebühr zwischen 50,-- € und 660,-- € (75,-- € und
594,-- €), deren pflichtgemäße Festlegung unter Berücksichtigung
aller Umstände nach billigem Ermessen zu erfolgen hat (Ausfüllung
des Gebührenrahmens siehe I.1.b).
2.
Im
Verfahren vor dem Sozialgericht wird eine Pauschalgebühr
festgesetzt und zwar vor dem
Sozialgericht (I. Instanz)
zwischen 50,-- € und 660,-- € (45,-- € und 594,--
€),
zwischen 60,--
€ und 780,-- € (54,-- € und 702,-- €),
Bundessozialgericht (III. Instanz) zwischen 90,-- €
und 1.300,-- € (81,-- € und 1.170,-- €), (Ausfüllung
des Gebührenrahmens siehe I.1.b).
Da
diese Gebühren die gesamte Tätigkeit in der jeweiligen
Instanz abgelten, ist hier eine schriftliche Gebührenvereinbarung
empfehlenswert und wird häufig praktiziert.
<Rechtsanwaltsgebührentabelle
in Euro (Fassung ab 1.1.2002)>
©
2001 Bundesrechtsanwaltskammer.